Eine Teichgeschichte 

Frei nach Kaduk/Osmetz/Wüthrich/Hammer (2013) und Burg (2018)

 

Es war einmal ein Teich. Darin lebten viele Fische, grosse, kleine, rote, gelbe, blaue, dicke, dünne, freche, schüchterne, intro- und extravertiere, junge, alte und noch mehr, die irgendwas dazwischen waren. Einige tummelten sich an der Oberfläche, andere bevorzugten ruhige Plätzchen am Grund des Teiches und beobachteten mit grossen Augen das fröhliche Treiben. Sie entwickelten sich in ihrem Tempo, lernten von- und miteinander und halfen einander wo immer möglich. Manche verliessen den Teich, wenn die Zeit gekommen war, lernten andere Fische, Teiche, Flüsse und sogar das Meer kennen. Andere Fische kamen hinzu. Es war ein reger Wechsel und doch hatte jedes Fischlein seinen Platz und war ein essentieller Teil des Ganzen.

 

Die Teichbesitzerin freute sich über das Leben im Teich. Sie sorgte für frisches Wasser, schaute den Fischen zu, half ihnen, wenn sie etwas von ihr brauchten, achtete darauf, dass alle ausreichend Platz und Nahrung hatten und war zufrieden mit der Situation.

 

Eines Tage kam die Teichaufsicht und inspizierte die Teichgemeinschaft. Die Aufsicht war mit dem Befund gar nicht zufrieden. „Das ist ja eine Unordnung! Grosse, kleine, alte und junge Fische schwimmen wild durcheinander. Du kannst ja gar nicht garantieren, dass die Fische ihrem Alter entsprechend gefordert werden und Leistungen erbringen. Du musst Zonen definieren und die Fische nach Alter, Grösse und Farben sortieren. Dann musst du für jede Gruppe ein Programm erarbeiten und strikte einhalten. Regelmässig musst du den Lernstand der Fische überprüfen und in der Teich-Office dokumentieren. Während der Arbeitszeiten müssen die Fische still halten. Junge Fischen werden mit Noten beurteilt, bei alten wird das Futter ihrer Leistung entsprechend rationiert. Fette Würmer bekommen nur die, die ganz oben schwimmen. Du musst hier die Führungsrolle übernehmen. Fische brauchen eine starke Führerin, sonst machen sie, was sie wollen, dann gibt es Chaos, Anarchie und der Bestand wird sich selbst ausrotten.“

 

Die Besitzerin war erstaunt, aber sie gehorchte. Aus Angst.

 

Nach einem Jahr kam die Teichaufsicht zur Nachkontrolle. Acht Fische waren krank. Zwölf Fische waren umplatziert worden in einen Teich für Fische mit speziellen Bedürfnissen, sieben waren im betreuten Teich für altersschwache Fische, vier im Frühförderungsteich, damit ihre Eltern im Office-Teich ungestört die Daten verwalten konnten und drei hatten sich trotz ihres zarten Alters ins Meer abgesetzt. Mit dem Rest hatte die Teichbesitzerin es geschafft:  

Wieviel feste Struktur braucht der Mensch? Auf LinkedIn gab es eine spannende Diskussion zu eben dieser Parabel im Kontext Schule. 

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